Was hat Volkswagen für einen fulminanten Imagewandel vollzogen! Vor ca. zehn Jahren wäre ein VW für mich überhaupt nicht in Frage gekommen – nicht attraktiv genug im Design, kein „Volksimage“ mit welchem man sich hätte identifizieren können sowie einfach zu starke Markenkonkurrenz durch Audi, BMW oder anderen Automarken. Und ich war nicht der einzige mit dieser Denke.
Doch dann kam die Wende. Ich erinnere mich noch genau. Meiner Meinung nach begann sie mit diesem Spot zum VW Sharan „Mit Mutti und den Kleinen“ aus dem Jahre 2004 (siehe folgendes Video) – welch coole Werbung und welch witzige Art und Weise, den Platzvorteil des Sharan herauszustellen!
VW Sharan – Kinder brauchen Platz
Im Laufe der Zeit ging es bergauf mit dem Image sowie auch den Verkaufszahlen von VW – nicht zuletzt aufgrund der hohen Werbewirkung über Zeit. Mittlerweile kommen aus dem Hause Volkswagen Werbeschmankerl am laufenden Band. Nach dem sensationellen Social Media- und TV-Erfolg der Passat-Werbung „The Force“ 2011 (57 Mio. YouTube-Klicks), deren Nachfolger „The dog strikes back“ 2012 sowie diversen genialen Zwischenspots für den New Beetle oder für den Tiguan folgt nun eine weitere Episode mit Hund. Im niederländischen Spot imitiert ein kleiner Hund den neuen Golf 7. Wie gewohnt zahlt auch dieser Spot auf die Sympathiedimensionen der Marke Volkswagen ein – der Kernpunkt des Volkswagenaufstiegs aus Markensicht.
VW Golf 7 – Hund macht den Golf
Aber was macht die VW-Spots aus? Ich finde vor allem eins: Bodenständigkeit. Passend zum VOLK in VOLKswagen kommuniziert VW wie ein guter Kumpel oder der nette Nachbar von nebenan, volksnah eben. Ich sehe hier drei wichtige Komponenten für die positive Werbewirkung auf die Marke:
- Erfolgsparameter Entertainment: in jeder VW-Werbung gibt es etwas zum Schmunzeln,
- Erfolgsparameter Selbstdisqualifikation: VW bzw. die Schauspieler nehmen sich stets selber ein bisschen auf die Schippe,
- Erfolgsparameter MAYA-Prinzip (Most advanced, yet accepted): stets trifft look & feel der Werbung auf den Zahn der Zeit in Bezug auf Auswahl der Werbe-Schauspieler, Stories sowie Musik.
Dabei ist das Auto immer wieder gut in die Story eingebunden – und kann somit vor allem auf die Dachmarke Volkswagen einzahlen.
Deshalb für mich ganz klar: eine wahrscheinlich hervorragende Werbewirkung. (Die Verkaufszahlen werden es zeigen.)
So weit so gut. Doch jeder Perfektionist weiß, dass es selbst bei solch guter Werbung Optimierungspotenziale zu heben gibt. Zum Beispiel:
- Zeichnen sich die VW-Werbungen meist durch recht späte Markennennung aus. Dies stellt eine potenzielle Gefahr dar wenn es darum geht, die Werbung im Kopf der Konsumenten zu verankern
- Ist das häufig benutzte Thema Hund wirklich auf lange Zeit tragfähig? (Wear-Out, Brand fit)
- Lenkt die Vielfalt der Stories zu sehr von der beworbenen Submarke ab (zB: Golf, Sharan, Passat) oder stellt dies ein notwendiges Übel für die Markenbildung der Dachmarke dar?
Dies ist jedoch Meckern auf hohem Niveau. Denn erstens funktioniert Autowerbung stets anders als bspw. Werbung für Marmeladen und muss demnach auch andere Kommunikationsziele erfüllen (langlebiges Gebrauchsgut vs. kurzlebiges Konsumgut FMCG). Und zweitens differenziert sich VW-Werbung in meiner Wahrnehmung vorteilhaft zur Werbung anderer Marken im Segment (Audi, Mercedes, Citroen, Opel). Aus Markensicht also eine positive Entwicklung. Absatztechnisch ziehen momentan ein paar Wolken auf, da der Absatz der Kernmarke VW im März 2013 zum ersten Mal seit dreieinhalb Jahren zurückging. Nichtsdestotrotz steht für Volkswagen das Ziel fest: 2018 größter Automobilkonzern der Welt zu sein. Wenn sie ihre Marken weiter so gut pflegen, können sie dieses Ziel durchaus erreichen. Deshalb freue ich mich bereits jetzt auf die nächsten Werbeschmankerl von Volkswagen. Sie auch?
Interessanter Artikel! Ich sehe das genauso. Volkswagen hat sich echt gewandelt. Aber sie werden auch immer größer. Und meistens verderben zu viele Köche den Brei. So kann es auch mit ihren Automarken passieren, da es ganz schön viele sind: VW, Audi, Skoda, Porsche, Seat usw.
Da gebe ich dir Recht, Tom. Die Mehrmarkenstrategie in Form einer parallelen Führung von unterschiedlich positionierten Marken zieht natürlich hohe Kosten und immensen Abstimmungsbedarf nach sich. Mitunter kommt es sicherlich auch zu Kannibalisierungseffekten. Nichtsdestotrotz steht demgegenüber der Vorteil der besseren Marktdurchdringung – und VW durchdringt den Automobilmarkt ganz gut (soweit ich weiß auch vor allem in den BRICS-Staaten).