Wenn Technologie ein Mensch wäre

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Es war einmal in einer Welt vor unserer Zeit… da lebte Lucy. Sie war fleißig, konnte Werkzeuge bauen und liebte es mit anderen ihrer Art zu kommunizieren. Ihre Art, Australopithecus afarensis, gehört zu den Vorfahren des Menschen, welche vor circa 3,2 Millionen Jahren die „one-to-one-communication“ erfanden. Lucy‘s Skelett wurde 1974 in Äthiopien gefunden und gilt noch heute als wichtigste fossile Übergangsform zwischen Menschenaffen und Menschen.

Mittlerweile hat sich Kommunikation durch Technologie fundamental verändert. Heutzutage leben wir in einer hoch-technisierten Welt, welche zunehmend durch „many-to-many-communication“ wie bspw. Retweets miteinander spricht. Diese Form der Kommunikation stellt sich derartig komplex dar, dass der Mensch allein sie nicht mehr lesen geschweige denn auswerten kann – wir benötigen die Hilfe von Maschinen. Aber wie konnte es dazu kommen, dass Technologie uns und unseren Alltag so fundamental verändert?

Genau diese Frage habe ich mir während meines Besuches auf der führenden Digitalmarketing-Messe dmexco im September dieses Jahres gestellt. Ich sah Roboter auf der Bühne mit Menschen diskutieren, Google Glass in Aktion und fragte mich wohin diese spannende technologische Entwicklungsreise noch führt.

Dabei ist mir eine Sache aufgefallen. Egal mit wem ich mich über das Thema Technologie unterhalte, mir fällt stets auf, dass der technologische Wandel meist noch nicht hinreichend genug reflektiert scheint – sowohl bei mir als auch bei anderen. Wir nutzen die immer neuen Techniken und sind uns teilweise dessen gar nicht bewusst, wie sich unsere Verhaltensmuster schrittweise und stringent verändern.

Die Technologie von heute ist auch nicht mehr das, was sie früher einmal war.

Um den technologischen Fortschritt zu reflektieren, möchte ich die Entwicklung der Technologie anhand einer Analogie zum Menschen einmal grob aufzeigen.

 

Wenn die Technologie von heute ein Mensch wäre…

  •  1960er-Jahre

…hätte sie in den Sechzigern das Licht der Welt erblickt. Sie war blutjung, neugierig und hatte noch keinen nennenswerten Einfluss – wie ein Baby. Auf Ihrer Geburtsurkunde steht folgende Definition: Technologie ist die “Wissenschaft von der Umwandlung von Roh- und Werkstoffen in fertige Produkte und Gebrauchsartikel, indem naturwissenschaftliche und technische Erkenntnisse angewendet werden.” Unternehmen fokussierten sich auf Kundenzufriedenheit. Konsumenten beschränkten sich auf wenige Optionen im regionalen Konsum, da die Technik noch nicht ausreichte, um globale Unternehmensbotschaften einheitlich und schnell genug zu kommunizieren.

  • 1970er-Jahre

In den Siebzigern steckte Technologie noch in den Kinderschuhen. Vor allem Akademiker beschäftigten sich mit ihr. Nach wie vor war sie unausgereift.

  • 1980er-Jahre

Die Achtziger Jahre definierten Technologie als Pre-Teens, welche langsam wissen, wie man etwas bekommt. Sie erobert unsere Wohnzimmer und fängt an unser Verhalten mitsamt unserer Kommunikation zu verändern. 1983 kam das erste Mobiltelefon mit dem Namen „Dynatac 8000X“ auf den Markt. Es war schwer wie eine Flasche Wasser, klobig wie ein Ziegelstein und hatte nur Strom für ein dreißigminütiges Gespräch – es war noch mehr Waffe als Kommunikationsmittel. Anfang der Achtziger wird das Fax erfunden und beschleunigt fortan den Transport von schriftlichen Dokumenten. Unternehmen erreichen Konsumenten hauptsächlich über fünf Kommunikationswege: TV/Kino, Print, Plakat, Radio und Direktmarketing. Die fortschreitenden Mittel der Kommunikation ermöglichen es den Konsumenten, durch vielfältigere Informationsbeschaffung Unternehmensleistungen sowie Produkte stärker zu hinterfragen um besser informierte Entscheidungen zu treffen.

  • 1990er-Jahre

Wie bei Teenagern so üblich erlangt Technologie in den Neunzigern immer mehr Kontrolle, weiß jedoch noch nicht so richtig, wo der Weg hinführt. Eine bahnbrechende Erfindung beginnt die Menschheit ab dem Jahre 1991 zu vernetzen: das Internet. Es fand schnellen Anklang und wurde durch die Verbreitung von Computern immer populärer. Nutzten es 1995 noch 16 Millionen Menschen (0,4% der Weltbevölkerung), waren es im Jahre 1998 bereits 150 Millionen (3,6% der Weltbevölkerung).
Im Zuge des Aufstiegs der digitalen Kommunikation erschuf die Menschheit mit Hilfe der Technik in diesem Jahrzehnt auch die E-Mail, welche sich im Laufe der Zeit mehr und mehr als Fax-Killer entpuppte. E-Commerce erhöhte die Transparenz bezüglich Produkten, Marken, Unternehmen und Preise für die Verbraucher – die Geburtsstunde der „digital supported smart consumers“. Unternehmen präsentieren sich zunehmend im Internet, doch lassen Potenzial zum Aufbau einer Kundenbindung aufgrund „statischer Textlandschaften“ auf ihren Internetseiten noch liegen.

  • 2000er-Jahre

Technologie lernt die Welt in den Zweitausendern immer besser kennen, wird langsam erwachsen und findet Gefallen daran. Die Vernetzung der Computer beschleunigt die globale Vernetzung der Menschen merklich. Das Internet durchbricht 2005 die Schallmauer von 1 Milliarde Nutzern (16% der Weltbevölkerung) und hat sich von einer kleinen Spielwiese von Computerfreaks zur Basis einer ganzen Internetindustrie weiter entwickelt. Noch nie in der Geschichte der Menschheit, hat sich eine Technologie so schnell global ausgebreitet wie das Internet. 2004 beginnt mit der Gründung von Facebook in den USA der Stern der digitalen sozialen Kommunikation zu leuchten. Am Ende des Jahrzehnts verdrängt es in Deutschland erfolgreiche soziale Netzwerkseiten wie studivz oder myspace und integriert sich immer mehr in unseren Alltag. Dieser wird seit der Erfindung des Jahres 2007, dem ersten Smartphone mit Touchscreen namens „iPhone“, mobiler als je zuvor. Wir können das Haus verlassen und unsere Fernseher mit uns nehmen. „Video Snacking“ lässt Videoplattformen wie YouTube aufsteigen und lockert die visuelle Massen-Kommunikation durch den Faktor Entertainment auf. Das explosive Wachstum der digitalen Technologien wird immer schwieriger zu kontrollieren. Social Media ermöglicht die Interaktion zwischen Unternehmen und Konsumenten außerhalb des „Offline Point of Sale“ und bietet Chancen zur Steigerung der Zufriedenheit für beide Seiten.

  • 2010er-Jahre

In den Zweitausendzehnern wird Technologie erwachsen. Wir haben die dritte Stufe nach der Vernetzung der Computer sowie der Vernetzung der Menschen erreicht: die totale Vernetzung. Früher haben die Leute bei Konzerten getanzt, heute drehen sie Videos, schießen Fotos, teilen und tweeten. Acht von zehn Internetnutzern teilen ihr Leben online – nicht mehr nur offline. Mittlerweile besitzen 40% aller Deutschen ein Smartphone. Die Welt der Markenkommunikation ist zu immenser Komplexität gereift. Unternehmen versuchen uns zur richtigen Zeit am richtigen Ort mit der richtigen Botschaft auf dem richtigen Bildschirm zu erreichen: Computer, TV, Tablet oder Smartphone. Denn Marken müssen genau dort präsent sein, wo sie für uns Konsumenten relevant sind. Neue Technologien ermöglichen Medienkonvergenz und verursachen Medienobsoleszenz. Jeder zweite nutzt TV und Internet bereits parallel. Wir sind „Always on“ und rufen die Facebook App 12 Mal täglich für mehr als zwei Minuten auf. Unser Informationskonsum gestaltet sich immer komplexer und selektiver. Wir kommunizieren crossmedial, mehr und mehr digital sowie geräteübergreifend. Heiße Technologie- und Kommunikationstrends buhlen um unsere Aufmerksamkeit: Real Time Marketing, Quantified self, Augmented Reality, MoSoLo oder auch Gamification.

 

Key take out: Die Zukunft bleibt spannend. Unsere Welt wird sich durch die Digitalisierung weiter verändern. Sie wird Unternehmen, Agenturen, das Marketing sowie die Marktforschung immer wieder vor neue Herausforderungen stellen. Consumer Journey Ansätze, Social Listening, passive Messungen des mobilen und stationären Nutzungsverhaltens gekoppelt an Befragungen auf diversen Endgeräten und verschiedenen Geo-Locations nutzen den technologischen Fortschritt um zunehmend hybridere und illoyalere Konsumenten besser als Ganzes zu verstehen. Es bleibt mit Spannung abzuwarten, ob das nicht alles irgendwann zu viel wird und wir uns wieder zu Lucy & Co. zurückentwickeln… Was denken Sie?

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