Wetten, dass diese 7 Punkte für noch besseres Entertainment sorgen?

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Oft habe ich mich gefragt, warum amerikanische Unterhaltungsshows wie z. B. die MTV Video Music Awards 2013 (VMA) den weltweiten Maßstab für beeindruckendes Entertainment darstellen. Während des letzten Wochenendes habe ich weitere Indizien dafür gefunden.

Haben Sie am Samstag auch zufällig bei „Wetten dass“ hereingeschaut? Nach der Häme der letzten Shows inklusive verwunderter Rückmeldungen einiger Hollywoodgäste wie Tom Hanks oder Robbie Williams war ich gespannt, wie sich die Sendung dieses Mal schlagen wird. Und, um ehrlich zu sein, ich fand sie ganz gut. Im Zeitalter der Digitalisierung nutzt mittlerweile fast jeder zweite Deutsche TV und Internet parallel. Ich merke das immer wieder daran, wenn ich meinen Twitter-Feed während der Ausstrahlung von großen deutschen TV-Shows wie „Wetten dass“ checke. Aber was ich dort unter dem Hashtag #wettendass, welcher am Samstagabend in Deutschland einer der meist getweeteten Thementags war, zu lesen bekam hat mich ein bisschen erzürnt. Zugegeben, Ole Tillmann hatte mit seinem VielenDank-Tweet sicherlich Recht, denn diese wahrscheinlich durch Aufregung erzeugte Wortwahleinseitigkeit ist mir auch aufgefallen.

Aber was dort diverse andere Nutzer im Deckmantel ihrer Internet-Anonymität generiert durch Fantasienutzernamen und Fakeprofilbildern vom Stapel lassen, finde ich sehr destruktiv. Twitter zeigt mir immer wieder, was wir Deutschen doch für eine Meckernation sind – wir punkten punktuell eher mit Süffisanz, Denunziation oder Neid als mit Respekt, Kreativität oder Lösungsdenken. Möge bitte jeder, der an „Wetten dass“ wiederholt etwas auszusetzen hat…

  • a) sich selber vor das Millionenpublikum hinstellen und es besser machen als Markus Lanz,
  • b) die Sendung einfach nicht mehr schauen,
  • c) sich mit konstruktiver Kritik direkt an die Verantwortlichen des ZDF wenden oder
  • d) eine Crowdsourcing-Plattform erstellen, auf welcher jeder wie er möchte brainstormen kann mit dem Ziel das Sendekonzept zu verbessern. Ein Prosumeransatz, wie er im Marketing 2.0 seit langem verwendet wird: Konsumenten werden zu Produzenten. Fragen Sie bei Mc Donalds, BMW oder Homann nach – es funktioniert!

Kreativität kanalisieren und lenken – das ist doch, was uns (bzw. potenziell die Sendung) weiter bringt, oder etwa nicht?

Ich fange damit gleich einmal an. Im August 2013 liefen die MTV Video Music Awards über die Bühne. Ich hatte sie mir aufgenommen, diese Aufnahme gestern entdeckt und spontan angeschaut. Was meine Augen und Ohren in den nächsten zwei Stunden zu sehen und zu hören bekamen, hat mich begeistert und mir teilweise den Atem geraubt. Nach den ersten fünf Minuten und dem Opening-Auftritt von Lady Gaga, konnten nach fünfminütiger Sprech-Stille meine Stimmlippen nur noch zwei Worte bilden: Holy Shit!

Die Sendung startete mit der Nahaufnahme ihres verrückt dreinschauenden Gesichts „in einer Wand“. In der Folge ihres Auftritts verwandelt sie sich mehrmals: sie bekommt ihre Kleidung vom Leib gerissen, wird umgezogen, umgeschminkt, ihre Perücken werden gewechselt, sie interagiert mit verschiedenen Tänzern, tanzt perfekt zum Beat der Musik zu der im Hintergrund peitschenden Lichttechnik und genießt final halbnackt mit Muschel-BH und Shakira-Perücke den durch die Halle schallenden Applaus – ach, und live gesungen hat sie bei dieser Performance auch noch… So kocht man eine Halle ab. Ein Wahnsinn.

Applause – LADY GAGA (VMA 2013 Performance + Lyrics) from Oguzhan Can on Vimeo.  

Gut, von Lady Gaga sind wir aufmerksamkeitsstarke und differenzierende Auftritte gewohnt. Aber wer gedacht hat, dass dieses Opening das höchste der Gefühle war, wurde schonungslos vom Gegenteil überzeugt. Bei den VMA’s 2013 folgte ein Highlight nach dem Anderen, ein WOW-Effekt beerbte den nächsten und – das Wichtigste – der Spaß beim Zuschauen stieg mit fortlaufender Zeit exponentiell an – ja, DAS ist Entertainment!

Spontan ließ ich mich dazu hinreißen, aus dem Vergleich von deutschen und amerikanischen Unterhaltungsshows eine Top 7-Liste mit Erfolgsfaktoren für Entertainment zu kreieren. Und hier ist sie:

1. Passendes Bühnenbild gibt thematische Tiefe

Ich sehe in Shows oft Bühnenbilder, die aussehen als wären sie mit fehlender Kreativität erschaffen, lieblos auf die Bühne gestellt worden oder thematisch überhaupt nicht zur Botschaft passen – und somit kaum wirken. Es geht hier nicht darum, mit viel Budget die neueste Technologie oder den größten verfügbaren Flatscreen auf der Bühne zu platzieren. Sondern es geht meines Erachtens darum, mit passendem Boden, Hintergrund und dem was auf der Bühne steht oder sich bewegt die Botschaft des Künstlers und seines Auftrittes zu verstärken.

Mein Top-of-mind-Beispiel für ein gutes Bühnenbild einer deutschen Unterhaltungsshow: Das „The Voice of Germany“-Finale der zweiten Staffel letztes Jahr. Der spätere Sieger Nick Howard sang zusammen mit Emeli Sande ihren weltweiten Charthit „Read all about it“. Das heißt soviel wie „alles darüber lesen“. Wie kann man diesen Text am besten visuell verstärken? Natürlich: mit einem Buch. Natürlich nicht mit irgendeinem Buch. Der WOW-Effekt wurde damals mit einem fast menschengroßen digitalen Buch hergestellt, auf welches mit Lichttechnik Bewegtbilder projiziert wurden. Einzelne Seiten wurden von einer Person umgeblättert… Ein reduziertes aber fantastisches Bühnenbild, was zu dieser Ballade passte, innovativ und anders daherkam und der Botschaft des Textes Ausdruck verlieh – Chapeu! Aber überzeugen Sie sich selbst von diesem coolen Auftritt.

2. Die ersten fünf Minuten müssen rocken (Opening-Effekt)

Da ich auch im Bereich des Digitalmarketing forsche, weiß ich, dass die ersten fünf Sekunden einer Pre-Roll-Ad, also eines Internetwerbespots, welcher vor einem Internetvideo auf einer Internetvideoplattform wie bspw. YouTube geschaltet wird, immens wichtig sind und darüber entscheiden, ob der Konsument sich den Spot weiter anschaut – oder ob er gelangweilt auf „Überspringen“ klickt um direkt in den Genuss des eigentlichen Internetvideos zu gelangen.

Dies verhält sich analog mit Unterhaltungsshows. Zu Beginn muss ein Feuerwerk gezündet werden, ansonsten verliert man die Leute. Das oben beschriebene Opening mit Lady Gaga ist solch ein hervorragendes Beispiel. Aber auch in Deutschland habe ich schon Killer-Openings im positiven Sinne gesehen. Zum Beispiel das der im Sommer 2013 ausgestrahlten Show „Pool Champions“ auf RTL, zu welchem ich mich zu einem spontanen Begeisterungs-Tweet habe hinreißen lassen.

In einer großen Schwimmhalle mit Sprungtürmen haben dynamische Scheinwerfer, pulsierende Musikbeats, in-die-Arena-kommende Promis, präsente Moderatoren und das durch Animierer angeheizte laut klatschende Publikum eine WOW-Symbiose ergeben. Auch, wenn ich die Sendung in der Folge nicht weiter schauen konnte, da mir einige Protagonisten wahrlich widerstrebten, so musste ich wiederholt feststellen, dass RTL sich die besten Designer, Regisseure und Inszenierer für seine Shows holt – und somit ansatzweise an das Entertainment-Niveau der MTV Video Music Awards erinnert. Und falls Sie es bis jetzt noch nicht gesehen haben, besteht nun die Gelegenheit sich das oben gezeigte Opening-Video von Lady Gaga anzuschauen.

3. Eine gute Show braucht nicht zwingend einen Moderator

Markus Lanz, Florian Silbereisen, Stefan Raab oder Marco Schreyl – es gibt Moderatoren, die polarisieren. Und die dadurch sicherlich auch einen gewissen Anteil an Quoten garantieren; frei nach der alten PR-Weisheit „Lieber schlechte PR, als gar keine“. Selten schlagen Moderatoren so erfolgreich ein wie z. B. Thomas Gottschalk, Daniel Hartwich oder auch Sylvie van der Vaart.

Eine ganz andere Herangehensweise haben die diesjährigen VMA’s gezeigt: einfach mal den Moderator weglassen! Denken Sie jetzt nicht im Sinne von „Aber das geht doch nicht. Wir brauchen doch jemanden, der durch die Show führt, der die Leute zwischendurch wieder abholt und irgendetwas Schlaues sagt.“

Nein. Denken Sie mal so: „Hervorragende Idee! Wir machen es ganz anders als alle anderen. Das Blablabla eines Moderators kann überflüssig sein, da er kaum Dinge sagt, die einen echten Mehrwert bieten. Moderatoren bringen Steifheit und Redundanz in die Show – es sei denn es ist ein Comedian. Wir verpflichten die Protagonisten der Show. Die Künstler bzw. die Laudatoren sind einfach alle Moderatoren! Wenn jeder etwas kleines on top erzählt, oder wir Gäste einladen, die zwischendurch etwas Frisches erzählen, dann wird die Sendung doch viel dynamischer und abwechslungsreicher! So können wir überflüssige Pausen kürzen, banal-langweilende Aussagen oder Kommentare reduzieren und somit die Leute am Bildschirm kleben lassen.“ Wie ich finde hervorragend bei den VMA’s umgesetzt.

4. Mut zur Devianz in der Kreativität

Einer der großen Philosophen, Arthur Schopenhauer, hat einmal gesagt: „Übervorsichtige und überängstliche Zeitgenossen kennen die Bandbreite des Lebens von A bis C.“
Was auf jedes Individuum zutrifft, findet sich analog gedacht genauso in der Welt der Unterhaltung wieder.

Abweichen von der Norm, Mut zum Über-den-Tellerrand-Umsetzen, wahrnehmbar differenzieren um nachhaltig in Erinnerung zu bleiben – das ist nicht nur ein Weg, Marken und Werbung zu nachhaltigem Erfolg zu bringen. Es ist auch ein Weg zu intensiverer Unterhaltung. Meiner Meinung nach wirken deutsche Shows nicht selten verklemmt, steif oder angepasst. „Das können wir doch nicht machen, das wird zu Diskussionen führen“, „Das haben wir schon immer so gemacht“ oder „Das ist doch viel zu kompliziert“ sind die Parolen, welche Kreativität ersticken und Begeisterungspotenzial brach liegen lassen. Lady Gaga ist nicht weltweit erfolgreich weil sie eine nette Sängerin ist… Auch der neue Star am Pop-Himmel, die erst zwanzigjährige Miley Cyrus, welche am Samstag bei „Wetten dass“ übrigens eine stimmlich hervorragende Live-Gesangsperformance hingelegt hat (Celine Dion hatte nicht live gesungen…), besticht nicht gerade durch prüdes oder angepasstes öffentliches Verhalten.

Ein Riesenbär als kreativer Startpunkt. Quelle: http://www.dailymotion.com/video/x13nzzp_miley-cyrus-robin-thicke-perform-vma-s_music

Bei den VMA’s saß bspw. beim Auftritt von Robin Thicke und Miley Cyrus ein riesiger Teddybär mit Knight-Rider-Licht-Brille auf der Bühne. Plötzlich kippte aus seinem Bauch eine Treppe heraus, auf welcher sich Miley Cyrus in einem halben Häschenkostüm ganz und gar nicht galant und mit verdrehter Zunge herausschälte. Zusammen mit Robin Thicke ließ sie sich zu sexuellen Posen auf der Bühne hinreißen bei welchen ich mir wieder nur dachte „Holy Shit! Das kann man doch nicht machen! Oder doch?“
Was ich damit sagen will ist, dass Grenzen überschritten werden müssen, um wirklich zu begeistern. Vielleicht muss es nicht gerade so sein, dass sich Hollywoodstars als Wetteinsatz Eiswürfel in die Hose kippen müssen. Aber die Erwartungshaltung in einem sinn-/stilvollen, positiven Kontext zu brechen hat glaube ich noch niemandem geschadet.

5. Das richtige Licht setzt richtig in Szene

Licht wird mächtig unterschätzt. Fragen Sie mal bei Philips nach. Wenn rote Hosen tanzen, setzt sie rotes Licht perfekt in Szene. Wenn sich Uptempo-Beats in unsere Gehörgänge bewegen sollen, erfolgt dies umso besser wenn das Bühnenlicht im Takt der Musik schlägt und sich obendrein auch noch farblich verändert. Wenn Lichtstrahler nicht nur über der Bühne befestigt sind, sondern ebenso unter der Bühne, quasi überall im Saal und dazu sich noch per Schnur von A nach B bewegen lassen – genau dann kann die Kraft des Lichtes sich perfekt entfalten. So gesehen bei meinem letzten Musicalbesuch „Tarzan“ in Hamburg, sowie bei den VMA’s in Brooklyn. Dort wurde bei jedem Auftritt ein Lichtfeuerwerk gezündet, dass seines Gleichen sucht.

Doch auch reduziertes Licht kann wirken: Kanye West rappte bei den VMA’s seinen Song vor einem statischen Bild eines Waldes. Hört sich nicht gerade aufregend an, oder? Doch durch die Kombination seiner Rapperformance sowie dem visuellen Effekt, dass er komplett im Schatten und somit in gänzlicher Schwärze tanzte kam sein Auftritt sehr lebendig und erfrischend anders herüber.
Für mich sind Lichtspiele ein häufig unterschätzter Erfolgsfaktor für tolle Showeffekte. Dabei liegen die Vorteile auf der Hand: Es wird Lebendigkeit, Abwechslung und Kribbeln erzeugt.

6. Backgroundtänzer bringen Lebendigkeit

Wie standen die Castingteilnehmer von „Deutschland sucht den Superstar“ in der ersten Staffel aus dem Jahre 2002 noch allein und verloren auf der riesigen Bühne. Maximal im Finale bekamen sie von ein paar Tänzern Unterstützung. Heutzutage geht in deutschen Shows nichts mehr ohne Tänzer. Selbst bei Nicht-Live-Show-Auftritten tummeln sich in Musikcastingshows Tänzer auf der Bühne. Der dadurch gesteigerte Showeffekt konnte bspw. bei einigen Sendungen der letzten „DSDS“-Staffel bewundert werden. Auch wenn in einer Ipsos-Studie herauskam, dass diese Musikcastingsendung mittlerweile bei vielen als qualitativ minderwertig verschrien ist, und bspw. gegen “The Voice of Germany” in Punkto Glaubwürdigkeit, Ehrlichkeit und Fairness klare Defizite aufweist, so muss man es RTL schon lassen: marketingtechnisch haben sie die veränderten technischen Möglichkeiten sowie das Verständnis für Entertainment und Showeffekte wahrlich mit der Zeit immer besser verstanden, sich somit quasi ein bisschen „amerikanisiert“.

7. Die besten Einspieler sind kurz und knackig

Kein langes Drumherumreden oder ausgiebiges Darstellen von für die Story nicht so wichtigen Details. Kurz und knackig auf den Punkt gebracht, einfaches Voice Over drüber gesprochen und dynamisch geschnitten – so sollte ein Einspieler sein. Wie ein Werbespot. Ein Einspieler sollte eine Geschichte erzählen. Wie ein Werbespot. Wenn ich eine Geschichte in dreißig Sekunden durch das Zeigen der relevanten und besten Visuals erzählen kann (wie z. B. bei den VMA’s), warum dauern dann manche Einspieler mehrere Minuten? Okay, gerade Einspieler wie bei „Das Supertalent“ oder „The Voice of Germany“ bereiten das Publikum auf den Auftritt vor, erzählen die Geschichte der Protagonisten und erreichen somit emotionale Tiefe. Nichtsdestotrotz, geht das mit Sicherheit auch alles kürzer. Nicht umsonst beschweren sich bspw. Hollywoodstars über die Länge von Sendungen wie „Wetten dass“. In Amerika wäre das undenkbar sagen sie. Und ich glaube sie haben Recht. Denn selten erschien mir eine Show so kurzweilig wie die VMA’s. Die Führung der Show inklusive Einspieler war derart knackig, dass ich nicht mehr wegschauen konnte.

 

Mit Sicherheit gibt es weitere Erfolgsfaktoren für noch besseres Entertainment als diese 7. Aus Zeitgründen führe ich jetzt jedoch nicht mehr auf. Falls Sie weitere Punkte haben, lassen Sie es mich gern wissen, dann können wir die Liste gemeinsam erweitern.

Um einmal alles zusammen zu bringen… Unterhaltungsshows gibt es viele in Deutschland: Echo, Bambi, DSDS, Filmpreis, Wetten dass und wie sie alle heißen. Jedoch vermisse ich als Konsument die oben genannten Punkte ab und an bei einigen Shows. Dieser Blogpost soll nicht angreifen, sondern meine Gedanken als Marktbeobachter zum Ausdruck bringen, um noch besseres Entertainment zu erreichen – wovon wir letztendlich alle partizipieren. Viele Shows haben sich im letzten Jahrzehnt meines Erachtens bedeutend weiter entwickelt. Zum Beispiel einige Formate der großen Privatsender RTL und ProSiebenSat1. Mag man von der Qualität des Inhaltes (dem WAS) diverser Shows halten was man will. Aber die Inszenierungen und Show-Openings (das WIE) sprudeln punktuell vor Kreativität und Marketingverständnis – fast wie das große Vorbild Amerika. In diesem Sinne freue ich mich zusammen mit Ihnen schon jetzt auf die nächsten Showhighlights.

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